Am 30.08.2008 reisten der gesamte Vorstand und ein weiteres Mitglied in spe des Traditionsmusikkorps Erstes Garderegiment zu Fuß zum wunderschön gelegenen Ehrenbreitstein gegenüber dem deutschen Eck in Koblenz. Eingeladen hatte uns Herr Oberstleutnant Robert Kuckertz, Leiter des Heeresmusikkorps 300 (HMK 300) in Koblenz. Für diesen denkwürdigen Abend war ein Historisches Serenadenkonzert im Ravelin der Festung geplant, bei dem sämtliche den bis 1918 in Koblenz stationierten Einheiten zugewiesene Märsche aufgeführt werden sollten. Durch unsere und die Mitwirkung weiterer Darsteller in Historischen Monturen sollte, getreu dem oben zitierten Motto, dem Publikum nicht nur die historische Militärmusik vorgeführt werden, sondern diese auch bildmäßig präsentiert werden. Eine ganz besondere Überraschung hatte sich der Leiter des HMK 300 jedoch für den Fridericus-Rex-Grenadiermarsch ausgedacht. Das Konzert war so gut besucht, daß einige Zuschauer sich eigens Klappstühle mitgebracht hatten, weil die Sitzgelegenheiten nicht ausreichten. Dennoch lauschten viele Zuschauer auch im Stehen diesem ganz besonderen und in dieser Form bislang einzigartigen Ereignis.
Das Konzert begann um 19:30 bei bestem Kaiserwetter zunächst mit einem Grußwort von Dr. Gerd Rupprecht von der Generaldirektion Kulturelles Erbe des Landes Rheinland Pfalz und des Oberbürgermeisters der Stadt Koblenz Dr. Eberhardt Schulte-Wissermann, Mitglied des Vorstand des Vördervereins Kulturzentrum Festung Ehrenbreitstein. Anschließend wurde eine Gedenkminute für den kürzlich in Afghanistan gefallenen Angehörigen der Division Spezielle Operationen eingelegt, der auch das HMK 300 unterstellt ist und deren Kommandeur an diesem Abend ebenfalls anwesend war.
Der musikalische Teil begann mit dem Parademarsch Nr. 1 von Julius Möllendorf, welcher der Parademarsch des Feldartillerieregiments von Holtzendorff (1. Rhein.) Nr. 8 war. Dieses Regiment war von 1840 bis 1860 auf der Festung Ehrenbreitstein stationiert. Als nächstes erfolgte der Einmarsch der Spielleute des HMK 300, natürlich unter den Klängen des Parademarschs der Spielleute. Gemeinsam mit diesen wurde der Revuemarsch von August Reckling aufgeführt. Nun folgte ein Ausflug in die Geschichte der Militärmusik, beginnend bei den Trommlern und Pfeifern der Landsknechte. Zunächst führte Hauptfeldwebel Andreas Helbach eindrucksvoll historische Feldschritte im 2/4 Takt und im 6/8 Takt vom Dach des Ravelin aus auf, welche beim Einsatz der Landknechtheere zum Einsatz gekommen sein sollen. Herr Kuckertz moderierte hierzu sehr treffend: "Trommler und Pfeifer können mit Recht von sich sagen, die ältesten Musiksoldaten zu sein. Die Spielleute haben ihren Platz bei den Landsknechten, die im ausgehenden Mittelalter an die Stelle der alten Ritterheere treten. Im Lager und unterwegs spielen sie die Musik, an der sich die Soldaten erfreuen und dazu ihre Lieder singen. Ein Trommler mit einem Pfeifer nennt man damals ein Spiel, Marschmusik im heutigen Sinne ist das natürlich noch nicht. Es ist vielmehr eine Dienst- und Soldatenmusik, die z. B. dazu dient, die Werber auf den Dörfern mit Trommelschlag und Pfeifentönen zu begleiten, um die Jugend herbeizulocken." Eine solches Spiel bei Werbungen wurde nun durch je zwei Tamboure und Pfeifer aufgeführt: Der Regimentsstreich. Im 15. Jahrhundert entstanden die ersten geordneten Fußvölker, eingeteilt in Regimenter und diese wiederum in Fähnlein. Jedem dieser Fähnlein gehörte als fester Bestandteil auch ein Spiel an. Diese wurden u. a. beim Marsch an der spitze der Kolonne eingesetzt. Als Beispiel hierzu wurde nun der Marsch der Querpfeifer aufgeführt. Um den eintönigen Klang des Spiels zu bereichern, fanden nach und nach weitere Instrumente Eingang in die Infanteriemusik,. z. B. Schalmeien, Fagotte und Oboen, weshalb übrigens seit der Zeit König Friedrichs I. bis zum Jahre 1918 alle Militärmusiker in Preußen offiziell Hoboisten hießen.
Es folgte der Marsch 1741 von Friedrich dem Großen, der der Präsentiermarsch des Pionierbataillons (1. Rhein.) Nr. 8 war, welches von allen Truppenteilen mit 65 Jahren (von 1853 - 1918) am längsten auf dem Ehrenbreitstein stationiert war. Dieser Marsch wurde teils in der dem Original ähnlichen, reduzierten Besetzung, Teils in der vollen Besetzung, wie man sie heute kennt aufgeführt. Untermalt wurde dieses Klangbild von zwei Grundwehrdienstleistenden in Historischen Uniformen der Hoboisten der Grenadiere Friedrichs des Großen aus dem Fundus des Militärmusikdienstes der Bundeswehr. Nun folgte der Auftritt von Darstellern in der Montur des Fußartillerieregiments Nr. 9, von dem Teile von 1893 - 1918 ebenfalls auf der Festung stationiert waren. Der Parademarsch dieses Regiments und des auch auf Ehrenbreitstein stationierten Infanterieregiments von Goeben (2. Rhein.) Nr. 28 war der Fridericus-Rex-Grenadiermarsch, zu dem nun unser Musikdirektor in Parademontur die Bühne betrat und den Taktstock von Oberstleutnant Robert Kuckertz, der ihn mit "Erwarten Sie nun also hohen Besuch aus Potsdam!" ankündigte, übernahm. Anschließend wurden der 1. Vorsitzende und der 2. Vorsitzende, die ebenfalls in Parademontur des Ersten Garderegiments zu Fuß angereist waren, auf die Bühne gebeten. Der 1. Vorsitzende stellte kurz das Traditionsmusikkorps und die hier Anwesenden und ihre jeweiligen Monturen vor. Anschließend bedankte sich Herr Kuckertz noch einmal ausdrücklich bei den Anwesenden des Traditionsmusikkorps und natürlich auch bei der Deutschen Gesellschaft für Militärmusik e. V., deren fachkundige Hilfe diesen Abend mit ermöglicht hat. Als nächstes wurde einer der ab Mitte des 19. Jahrhunderts sehr beliebten Motiv-Märsche aufgeführt, nämlich der Geschwindmarsch nach Motiven der Oper "Die Hugenotten" von Giacomo Meyerbeer, Parademarsch des Infanterieregiments von Horn (3. Rhein.) Nr. 29 (stationiert auf dem Ehrenbreitstein von 1841 bis 1845). Als nächstes betraten Darsteller des Vereins Infanterieregiment Graf Werder (4. Rhein.) Nr. 30 die Bühne. Teile dieses Regiments waren von 1849 bis 1860 in Koblenz stationiert und der Parademarsch war Preußens Gloria von Gottfried Piefke, welcher nun folgte.
1813 rief König Friedrich Wilhelm III. zur Gründung der Freiwilligen Jäger auf, deren Militärkapellmeister Johann Gottfried Rode wurde, aus dessen Feder das Stück Der Jäger aus Kurpfalz stammt. Im Hintergrund wurde dieses Bild untermalt von Wehrpflichtigen in Uniformen dieser Epoche. Nun erfolgte wiederum ein kleiner Zeitsprung in die Ära des Großen Königs, denn als nächstes betraten Fanfarenbläser und Solokesselpauker in historischen Kürassiermonturen dieser Zeit die Empore. Aufgeführt wurde die Standartenfanfare des Regiments Gardes du Corps, die ursprünglich aus dem sogenannten "Abtrupp" entstanden ist, welcher zum Einrücken in ein Lager oder eine Burg oder später zum Abbringen der Standarten gespielt wurde. Nun folgte der Parademarsch in B-Dur von Albert Lorenz, eigentlich ein Kavalleriemarsch, jedoch auch Parademarsch des Feldartillerieregiments (2. Rhein.) Nr. 23, welche im Weltkrieg in der Stadt Koblenz stationiert waren. Als besonderes Schmankerl wurde dabei mit gewöhnlichen KFZ-Schneeketten das Rasseln der Pferdegespanne der schweren Geschütze imitiert.
Nun folgte eine ganz besondere Vorführung, nämlich die der Kavalleriesignale für verschiedene Eskadronen durch Hauptfeldwebel Bieker. Diese Signale bestehen aus einem Ruf für die jeweilige Eskadron, gefolgt durch das Signal für den jeweiligen Befehl, z. B. "ausschwärmen", etc. Darauf folgt als Antwort die Wiederholung des Befehls durch die Eskadron, die ihn erhalten sollte. Dies wurde grandios vorgeführt durch an verschiedene Orte postierte Signaltrompeter, sodaß tatsächlich der Eindruck des Aussendens und Antwortens der Befehle entstand. Nun folgte wieder ein sehr schön moderierter Exkurs zur Geschichte der Kavalleriemärsche, bei denen man Märsche je nach der Gangart der Pferde, also im Schritt, Trab und Galopp unterscheidet. Hr. Kuckertz führte aus: "Eine Parade im Galopp war eine recht kurze, schnelle und immer recht windige Angelegenheit und verlief oft anders als man sich das in der Theorie dachte. Die Pferde haben in dieser schnellen Gangart, wie bei einem Rennen, nun gar keinen Sinn für Richtung und Abstand. So sehr sich die Reiter auch bemühten auf Richtung, Sitz, Haltung und Blickwendung zu achten, umso schneller wurden die Pferde und hinterließen nur eine einzige große Staubwolke, die, wenn die Parade gut geplant war, vom Wind nicht in die Richtung des Paradeabnehmenden sondern zur anderen Seite, zum Musikkorps geblasen wurde. Dieser Staub legte sich dann über das Trompeterkorps und machte das Blasen zur Qual." Es folgte nun der Galoppmarsch des Feldartillerieregiments Nr. 80, als ein weiteres Beispiel dieser heute eher selten gespielten Märsche im Galopp. Darauf folgte der Kürassiermarsch Großer Kurfürst von Walter von Simon. Vorweg wurde die Paradepost für berittenen Truppen gespielt, die die Trompeterkorps eben jener Truppen gerne und oft als Einleitung einem Marsch vorweg spielten.
Zum Abschluß dieses wunderbaren Abends marschierten unter dem tosenden Beifall der Zuschauer alle Mitwirkenden in den historischen Uniformen gemeinsam vor die Bühne versammelten sich noch einmal zum letzten feierlichen Akt. Da es inzwischen dunkel geworden war, wurden nun Fackeln auf der Brüstung der Festung entzündet. Dies verstärkte noch zusätzlich den ohnehin schon sehr festlichen Charakter des nun folgenden Abschlusses des Serenadenkonzertes. Oberstleutnant Kuckertz dankte nun noch einmal allen Mitwirkenden und als Krönung des Abends wurde der feierliche Harmonisierte Zapfenstreich der Königlich Hannoverschen Leichten Infanterie (Füsiliere und Jäger) von 1814 mit der Verwendung einer Rahmenmelodie des ersten Musikinspizienten der Bundeswehr, Oberst Wilhelm Stephan, aufgeführt. Komponiert wurde dieser Harmonisierte Zapfenstreich vom ersten Chef des HMK 300, Oberstleutnant Friedrich Deisenroth und somit fand in dieses historische Serenadenkonzert auch eine inzwischen selbst historisch gewordene Komposition der Bundeswehr Eingang. Der Bogen von der alten zur neuen Armee wurde somit auch musikalisch gespannt. Als Zugabe wurde dann noch der Fehrbelliner Reitermarsch, wieder unter Mitwirkung der Fanfarenbläser und Kesselpauker in den historischen Kürassieruniformen, aufgeführt.
Dieser Abend wird allen Mitwirkenden und auch dem Publikum sicher in bleibender, guter Erinnerung bleiben. Denn hier zeigte sich, daß das HMK 300 tatsächlich getreu dem Motto seines derzeitigen Chefs „Gute Musik lässt sich nicht befehlen. Der Funke springt nur dann zum Publikum über, wenn jeder einzelne Musiker mit persönlichem Engagement und mit Herz und Seele bei der Sache ist." es wie kaum ein zweites versteht, die Zuschauer durch Auswahl der Stücke, dem historischen Rahmenprogramm und nicht zuletzt der leidenschaftlichen Darbietung, in seinen Bann ziehen kann. Bleibt zu hoffen, daß dies keine einmalige Veranstaltung war, sondern nun, wie von allen Beteiligten erwünscht, zu einer dauerhaften Veranstaltungsreihe in den so unvergleichbar passenden Gemäuern des Ehrenbreitsteins werden mag.